Dieser Mann ist einfach so verdammt schön! Nonchalant beugt Adrien Brody sich über die Weinkarte, den Kopf dicht neben meinem. Er duftet nach einer Mischung aus Sandelholz, Moschus und Mann, ich muss unbedingt im Laufe des Abends herausfinden, welches Parfüm er benutzt.
„Do you know these German wines?“, fragt Adrien, und statt ihn mit meinem gesunden Halbwissen zu beeindrucken, erzähle ich ihm von meiner Zeit im Badischen und von meinem Winzerfreund Josef Simon. „I think with the Grauburgunder we can’t go wrong“, beschließe ich meine Ausführungen. Obwohl ich natürlich lieber Josefs Grauburgunder trinken würde, aber den haben sie nicht.
Adrien Brody schlürft beim Verkosten
Bisher habe ich es für ein Klischee aus Winzer-Videos gehalten, dass Menschen beim Verkosten von Wein „Luft ziehen“, also letztlich: schlürfen. Aber Adrien tut das wirklich. Erst hält er eine gefühlte Minute lang seine wahrlich nicht kleine Nase über das Glas. „Peach“, sagt er schließlich, „peach and apricot“. Dann nimmt er einen Schluck, bewegt ihn im Mund, wölbt die Lippen auf, um Luft einzuziehen, was eben mit der Flüssigkeit auf der Zunge notgedrungen ein schlürfendes Geräusch erzeugt, und als er den Wein endlich hinunter geschluckt hat, sagt er: „Peach and gooseberry. Yet a straight dry wine. Very nice.“
Während wir die Flasche leeren, kommen wir vom Weinanbau auf den Klimawandel zu sprechen. Adrien fährt natürlich ein Elektro-Auto, aber er ist nicht besonders stolz darauf. „It’s not for everybody“ meint er und erläutert, dass der amerikanische Lebensstil an und für sich falsche Maßstäbe setze. Es gebe nun einmal nicht genug Ressourcen, um die gesamte Menschheit mit Autos auszustatten, schon gar nicht, wenn die auch noch Elektro-Batterien bräuchten. Warum ich ihn dann auf einem Instagram-Video in Tokyo vor drei monstermäßig blinkenden Lamborghinis gesehen hätte, frage ich ihn säuerlich, also warum er dem Autogott huldige, wenn er doch gleichzeitig sagt, das sei eindeutig der falsche Götze für den Rest der Menschheit?
Naja, er sei ja auch gerade wieder Langstrecke geflogen, quer über den Atlantik. Nicht besonders klimafreundlich. Aber wenn er das nicht getan hätte, könnte er jetzt nicht mit mir Wein trinken, hier in Berlin. Er schenkt mir sein charmantestes Lächeln.
Lamborghinis in Tokyo
„Du lenkst ab“, sage ich. „Oder sagen wir mal, du schummelst dich geschickt um den Kern des Problems. Was du mir zu sagen versuchst, ist doch, dass Lamborghinis im Prinzip überflüssiger Müll sind, aber sie machen nun einmal so wahnsinnig viel Spaß. Und weil du weißt, ich interessiere mich nicht besonders für Automarken, versuchst du es mit einem Vergleich: Dein Transatlantik-Flug war Klimavergewaltigung, aber er hat dich zu mir gebracht. Und das freut mich in der Tat außerordentlich.“ Jetzt schenke ich IHM mein charmantestes Lächeln. Er beugt sich näher zu mir, als wenn er mir im nächsten Moment etwas ins Ohr flüstern wolle. „Aber“, ich weiche zurück, „es ist ein Unterschied, ob du mit einem Lamborghini durch Tokyo cruist oder dich vor drei Lamborghinis filmen lässt und das öffentlich postest. Als Star bist du ein Vorbild. Meinetwegen hab Spaß an schnellen Benzinschleudern, aber binde es deiner Fangemeinde nicht auf die Nase.“
Jetzt bricht Adrien in ein herzliches Lachen aus. Dann fragt er unvermittelt: „Would you mind if I walk you home? Where do you live? I suggest we have a nice taxi-ride through Berlin and you show me some hot-spots and we end up with another bottle of wine at your kitchen-table.“